Projektfazit IV – Koordinierendes Coaching im HGuA

In einer Interviewreihe berichten die beteiligten Akteur*innen von Ihren Erfahrungen mit dem Haus für Gesundheit und Arbeit. Wie hat der innovative Ansatz aus ihrer Sicht funktioniert? Was waren typische Aufgabenfelder und Themen im koordinierenden Coaching? Und welches persönliches Fazit wird am Ende der Projektlaufzeit gezogen?

11. Oktober 2024
©HGuA

Wer bist du und was ist deine Aufgabe im Projekt?

Meine Aufgabe als koordinierende Coachin ist es, ein bisschen wie eine gute Reiseleitung, zunächst dafür zu sorgen, dass klar ist wo die Reise hingehen soll (z.B. Ziele definieren) und die grobe Route abgesteckt wird (z.B. Klärung des Auftrags und Rahmens).

Wenn wir gemeinsam das Coaching beginnen, besuchen wir die für Sie wichtigen Orte auf unserer „Reise“. Wir stellen uns Ihren Fragen, beschäftigen uns mit belastenden Themen oder treffen mal gemeinsam eine Entscheidung. Hier und da werden wir eine*n Expert*in für eine Fragestellung mit einbeziehen.

Ich bin auch ansprechbar, wenn Sie einmal ein Stück des Weges alleine gehen oder eine andere Richtung einschlagen wollen. Zum Abschluss gucken wir uns an, wieviel des Weges wir geschafft haben und treffen ggf. weitere Vereinbarungen.

Kannst du mir ein praktisches Beispiel aus deiner Arbeit nennen?

Eine Aussage, die mir als Coachin häufig begegnet ist: „Ich bin nun schon so lange aus dem Arbeitsleben raus, dass ich nicht mehr weiß was ich kann und will.“

In so einem Fall bietet es sich an gemeinsam einen Blick auf den Lebenslauf zu werfen z.B. indem wir ein Seil auf dem Boden auslegen und alles sammeln, was Sie in ihrem Berufsleben schon einmal gemacht haben. Daran lässt sich gut sehen, welche Anforderungen bewältigt wurden, was besonders Spaß gemacht hat oder wo es vielleicht auch einmal eine gute Rückmeldung zu dem eigenen Verhalten/Leistungen gab.

Ich mache diese Übung gerne, weil unsere Erinnerung im Laufe der Zeit häufig lückenhaft wird und sich ggf. auf Negatives einengt. Durch die Visualisierung stellt sich am Ende häufig ein Aha-Effekt ein: „Wow, ich habe doch schon so viel gemacht!“ und der Selbstwert wird gestärkt.

Für die Frage nach dem „was will ich?“ empfehle ich in der Regel auch die Teilnahme an einer unserer Gruppen zur Beruflichen Orientierung. Der Austausch mit anderen Teilnehmer*innen über Rahmenbedingungen, Lieblingstätigkeiten, Werte oder Interessen ist meist sehr fruchtbar und kann die Arbeit im Einzelgespräch sehr gut ergänzen.

Was ist in deinen Augen im HGuA besonders hilfreich für die Nutzer*innen?

Ich glaube, dass es den meisten Menschen hier gut tut erstmal einen Ort zu haben, wo sie all ihre belastenden Themen und Fragen hintragen können. Viele Menschen, die sich an uns wenden, stehen enorm unter Druck. Wir geben Ruhe durchs wertfreie Zuhören, Sortieren und Priorisieren von dem was da ist. Wir helfen die Last ein wenig zu verteilen und ggf. Lösungswege aufzuzeigen. Das heißt nicht, dass wir alle Fragen beantworten oder alle Probleme lösen können, aber wir versuchen wo möglich „Brücken zu schlagen“ (entweder im Haus oder außerhalb).

Die „kurzen Wege“ bei uns im HGuA sind dann wohl der zweite Aspekt, den ich nennen würde. Durch die Zusammenarbeit von vielen unterschiedlichen Akteuren (Arbeitsagentur, Jobcenter, DRV, Integrationsamt und vielen mehr) können spezielle Fragen schnell und präzise geklärt werden.

Ist es in deinen Augen gelungen, dem Projektauftrag gemäß innovativ und präventiv zu handeln?

Für die Umsetzung des Projekts mussten viele neue Wege gegangen werden z.B. eine sichere Kommunikation unter den verschiedenen Trägern ermöglicht werden. Das so viele unterschiedliche Träger zusammenarbeiten ist besonders und bringt halt auch die eine oder andere Herausforderung mit sich. Das allein fand ich schon sehr innovativ.

Wie bei vielen anderen Angeboten im Gesundheitswesen, gestaltete sich die Aufnahme bei uns zwar nicht immer einfach, aber in vielen Fällen noch rechtzeitig. Viele Menschen konnten wir frühzeitig erreichen, um größere Krisen abzuwenden oder z.B. bestimmte Bedarfe rechtzeitig zu erkennen. Also ja, aus meiner Sicht, hat das Projekt oft Prävention ermöglicht.

Was sind die Erkenntnisse, die dir das Haus für Gesundheit und Arbeit ganz persönlich vermittelt hat? Und wie schaut ihr insgesamt auf die Zeit im Projekt?

Ich habe gelernt, dass sich Individualität und Nutzer*innenorientierung in der Arbeit mit Menschen lohnt. Nur durch die offene und vorurteilsfreie Begegnung mit Nutzer*innen ist es möglich, an den Kern von Problemen zu kommen und individuelle Lösungen zu entwickeln. Entwicklung benötigt Zeit und das ist eine gute Investition.

Gibt es vielleicht noch eine Anekdote aus Deiner Zeit im Haus für Gesundheit und Arbeit, die du teilen willst?

Nur, dass zufriedene Mitarbeiter*innen und Wohlbefinden am Arbeitsplatz auch zum Erfolg eines Projekts beitragen. Ich schätze mich sehr glücklich mit meinen Kolleg*innen, Vorgesetzen und Aufgaben. Zur Arbeit zu kommen ist mir an den meisten Tagen eine Freude und das hat sehr viel mit der guten Atmosphäre im Team zu tun und damit geschätzt zu werden.

Dass das leider keine Selbstverständlichkeit ist im Arbeitsleben, ist mir aus meiner Arbeit sehr bewusst. Ich bin sehr froh, dass wir erfahren durften, dass es auch anders sein kann und wir diese Erkenntnisse auch an unsere Nutzer*innen weitergeben konnten.

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