Acceptance und Commitment Therapy (ACT)

Erster Teil einer neuen Reihe, in welche Coaching- und Therapieansätze beschrieben werden.

Die Acceptance und Commitment Therapy (ACT) ist ein verhaltenstherapeutischer Ansatz, um in der Therapie und zunehmend auch im Coaching an den eigenen Wünschen und Zielen werteorientiert zu arbeiten. In diesem Artikel stellen wir Ihnen die Theorie kurz vor und geben Hinweise darauf, wie ACT hilfreich sein kann.

18. Juli 2024
©LH-HGuA

Die Acceptance und Commitment Therapy (Akzeptanz und Commitment Therapie – ACT) ist ein Ansatz und auch eine Grundhaltung der modernen Verhaltenstherapie, die sich auch zunehmend im Coaching etabliert. Sie wurde von Steven C. Hayes in den 1980er Jahren entwickelt. Ziel ist es emotionalen Herausforderungen mit Achtsamkeit und Mitgefühl zu begegnen und gleichzeitig werteorientiert ins Handeln zu kommen. In der Therapie kann dies z.B. hilfreich sein, sich ressourcenorientiert und mit einem neuen, freundlicheren Blick mit sich selbst auseinanderzusetzen. Dabei setzt ACT auf die unten beschriebenen Bestandteile.

  1. Akzeptanz: Anstatt unangenehme Gedanken und Gefühle zu vermeiden, werden diese akzeptiert und als Teil des menschlichen Erlebens anerkannt. Vermeidung und Verdrängung führt in der Regel eher dazu, dass sich die negativen Gefühle verstärken. Akzeptieren wir diese, können sie ihre Bedeutung verlieren.
  2. Kognitive Defusion: Mit sogenannten Defusionstechniken wird auf Verknüpfungen geschaut, die uns oft nicht bewusst sind, die aber emotional wirken. Sie helfen dabei, sich von belastenden Gedanken zu distanzieren und diese nicht als absolute Wahrheiten zu betrachten. Beispielsweise haben wir vielleicht etwas negatives in unserer Kindheit erlebt, eine schlechte Erfahrung gemacht. Dies könnte dazu geführt haben, dass wir auch heute noch anders handeln, obwohl im hier und jetzt keine Notwendigkeit dazu wäre.
  3. Kontakt mit dem gegenwärtigen Augenblick: Die Achtsamkeit und bewusste Wahrnehmung des aktuellen Erlebens wird gefördert. Auch wenn wir uns mit einem Problem beschäftigen, verlieren wir uns oft in Gedanken und nehmen den aktuellen Moment nicht mehr so bewusst wahr. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass eine bewusste Wahrnehmung des Augenblicks grundsätzlich dazu führen kann, glücklicher zu sein.
  4. Selbst als Kontext: Wir alle haben ein Bild davon wer wir sind. Wir erzählen uns gewissermaßen selbst eine Geschichte wie wir zu dem geworden sind, als den wir uns wahrnehmen. In dieser Geschichte über uns selbst sind z.B. auch Dinge angelegt die wir können und nicht können, positive und negative Eigenschaften. In dem man auf dieses eigene narrativ blickt können wir erkennen, dass das Selbst mehr ist als die eigenen Gedanken und Gefühle. Das wir z.B. nicht grundsätzlich ängstlich oder schüchtern sind. Dadurch können wir flexibler handeln oder auch Ereignisse besser wahrnehmen, bei denen wir nicht gemäß unserer eigenen Geschichte über uns selbst gehandelt haben, zum Beispiel mutig statt ängstlich waren.
  5. Werte: Die Werte spielen bei ACT eine große Rolle. Zu erkennen, welche Werte wir haben ermöglicht uns danach zu handeln, was uns wirklich wichtig ist. Wenn wir z.B. aus Vermeidung von unangenehmen Gefühlen oder weil wir uns an den Wünschen anderer orientieren nicht gemäß unserer Werte handeln, werden wir weniger Befriedigung erfahren und z.B. ein Job fühlt sich leer und nutzlos an. Werte sind nichts, was wir erreichen können. Sie bitten aber eine Orientierung, die uns im Handeln eine Richtschnur geben kann.
  6. Engagiertes Handeln: Durch engagiertes Handeln werden aktiv Schritte unternehmen, die im Einklang mit den eigenen Werten stehen. Wir fühlen uns unseren Zielen verbunden, da sie im Einklang mit unseren Werten stehen. Rückschläge halten uns so beispielsweise nicht mehr so leicht auf. Verfolgen wir z.B. eine berufliche Idee, welche mit unseren Werten im Einklang steht, aber schwer zu erreichen ist. Akzeptieren wir die vielleicht hohen Hürden und versuchen sie immer wieder zu meistern, bis wir es geschafft haben.

Beispiel

Lena, 35 Jahre alt, arbeitet als Marketingmanagerin in einem großen Unternehmen. Seit einigen Monaten leidet sie unter starken Angstzuständen und depressiven Verstimmungen, ausgelöst durch hohe berufliche Anforderungen und einen belastenden Arbeitsumfeld. Lena fühlt sich von ihren negativen Gedanken und Gefühlen überwältigt und hat Schwierigkeiten, ihre täglichen Aufgaben zu bewältigen. In den ersten Sitzungen erklärt der Therapeut Lena die Grundprinzipien von ACT und wie diese Methode ihr helfen kann, einen neuen Umgang mit ihren Gedanken und Gefühlen zu finden. Der Fokus liegt darauf, Lena zu vermitteln, dass es nicht darum geht, ihre negativen Gedanken und Gefühle zu eliminieren, sondern einen flexibleren Umgang mit ihnen zu entwickeln.

Akzeptanz

Lena lernt, ihre unangenehmen Gefühle zu akzeptieren, anstatt sie zu unterdrücken oder zu bekämpfen. Der Therapeut führt sie durch eine Achtsamkeitsübung, bei der sie ihre Gedanken und Gefühle bewusst wahrnimmt, ohne sie zu bewerten. Lena erkennt, dass ihre Ängste und Sorgen zwar unangenehm, aber nicht gefährlich sind. Diese Akzeptanz erleichtert ihr den Umgang mit den Gefühlen und reduziert den inneren Widerstand.

Kognitive Defusion

In den folgenden Sitzungen arbeitet der Therapeut mit Lena an kognitiven Defusionstechniken. Eine Technik besteht darin, belastende Gedanken laut auszusprechen und sie als „nur Gedanken“ zu betrachten. Zum Beispiel sagt Lena den Gedanken „Ich bin nicht gut genug“ laut und wiederholt ihn, bis er an emotionaler Wucht verliert. Durch diese Übungen lernt Lena, sich von ihren negativen Gedanken zu distanzieren und sie weniger ernst zu nehmen.

Werteklärung

Ein zentraler Bestandteil der Therapie ist die Werteklärung. Der Therapeut hilft Lena, ihre wichtigsten Lebenswerte zu identifizieren. Lena erkennt, dass ihr Werte wie Kreativität, Familie und persönliches Wachstum besonders wichtig sind. Diese Erkenntnis gibt Lena eine klare Orientierung, was ihr im Leben wirklich bedeutungsvoll ist und wie sie ihre Zeit und Energie am besten investieren kann.

Engagiertes Handeln

Mit klaren Werten vor Augen entwickelt der Therapeut mit Lena konkrete, wertorientierte Handlungspläne. Sie setzen sich Ziele, die im Einklang mit ihren Werten stehen, wie zum Beispiel mehr Zeit mit der Familie zu verbringen und kreative Projekte außerhalb der Arbeit zu verfolgen. Der Therapeut unterstützt Lena dabei, diese Ziele in kleine, erreichbare Schritte zu unterteilen und diese nach und nach umzusetzen.

Fortschritte und Herausforderungen

Während der Therapie beginnt Lena, die neuen Strategien in ihrem Alltag anzuwenden. Sie berichtet von Fortschritten, wie einer verbesserten Stimmung und einem gestärkten Selbstbewusstsein. Lena erkennt, dass sie zwar immer noch von negativen Gedanken und Gefühlen heimgesucht wird, aber diese nicht mehr ihr Leben dominieren. Stattdessen kann sie sich besser auf ihre Werte und Ziele konzentrieren.

 

Fazit

ACT bietet in der Therapie und im Coaching einen effektiven Rahmen, ein erfülltes und wertorientiertes Leben zu führen. Die Kombination von Akzeptanz, Achtsamkeit und engagiertem Handeln kann helfen , inneren Hindernisse zu überwinden und werteorientiert Ziele zu erreichen. Die Anwendung von ACT ermöglicht es, tiefgreifende und nachhaltige Veränderungen zu erzielen, die zu einer verbesserten Lebensqualität führen.

 

 

*Literaturhinweis: Hayes, S. C., Strosahl, K. D. & Wilson, K. G. (2014). Akzeptanz- & Commitment-Therapie : achtsamkeitsbasierte Veränderungen in Theorie und Praxis. Paderborn: Junfermann.

Nach oben