Projektfazit II – Peer-Beratung im HGuA

In einer Interviewreihe berichten die beteiligten Akteur*innen von Ihren Erfahrungen mit dem Haus für Gesundheit und Arbeit. Wie hat der innovative Ansatz aus ihrer Sicht funktioniert? Was waren typische Aufgabenfelder im koordinierenden Coaching? Und welches persönliches Fazit ziehen die Mitarbeiter*innen aus ihrer Zeit im Projekt.

18. Juni 2024
©LH-HGuA

Wer seid ihr und was ist eure Aufgabe im Projekt?

Wir sind EX-IN Genesungsbegleitende und sind hier im Haus zuständig für Peer-Beratung und Genesungsbegleitung. Wir sind Expert:innen aus Erfahrung. Das bedeutet, dass wir eigene Krisenerfahrung haben und eigene Erfahrungen mit dem Hilfesystem und psychischen Erkrankungen, und auf Basis unserer eigenen Erlebnisse beraten und begleiten.

Könnt ihr mir ein praktisches Beispiel aus eurer Arbeit nennen?

Etliche. Wir führen entlastende Gespräche, teilen Erfahrungen mit Reha oder Klinik oder Medikamenten oder Therapie, sprechen über Alltagsgestaltung mit psychischen Erkrankungen, beraten zur Stärkung seelischer Gesundheit und dergleichen mehr. Wir sprechen oft über Stigmatisierung, über den Umgang mit schwierigen Situationen und schaffen offenen Austausch. Alles darf, nichts muss. Und wir beraten zum Thema ASP und Selbsthilfe, sowie zur EX-IN Qualifikation.

Was ist im HGuA in euren Augen besonders hilfreich für die Nutzer*innen?

Hier gibt es so viel konzentriertes Wissen unter einem Dach. Das spart Zeit und erspart Frust. Das Coaching ist bedürfnisorientiert und die Beratung berücksichtigt vielen Perspektiven. Außerdem ist der Zugang (vom Termin ergattern mal abgesehen) sehr einfach.

Ist es in euren Augen gelungen, dem Projektauftrag gemäß innovativ und präventiv zu handeln?

Total. Personenzentriert und bedarfsorientiert und unseres Erlebens nach niemals von oben herab. Ich wünschte, dieses Angebot hätte es für mich gegeben, als ich es gebraucht habe.

Was sind die Erkenntnisse, die euch das Haus für Gesundheit und Arbeit ganz persönlich vermittelt hat? Und wie schaut ihr insgesamt auf die Zeit im Projekt?

Das erstaunlichste ist wohl, dass es möglich ist, mit so vielen Vertreter:innen verschiedener Organisationen und unterschiedlichster Kulturen und Aufgabenbereichen so zu arbeiten, wie wir es tun. Kompetenzen bündeln und einsetzen, um die individuellen Ziele zu verfolgen und das Wohl der Menschen zu steigern. Wir haben sowas vorher nicht erlebt und das es möglich ist, stimmt uns sehr optimistisch, dass auch in anderen Bereichen der Versorgung innovative Wege gegangen und verstetigt werden können. Wir sind froh, dass wir ein Teil dessen sein durften und dass wir und unsere Perspektive als Betroffene auch von Anfang an gewollt und mitgedacht waren.

Gibt es vielleicht noch eine Anekdote aus der Zeit im Haus für Gesundheit und Arbeit, die ihr teilen wollt?

Da fallen uns zwei Dinge ein. Das eine sind die Menschen, die irgendwann mal hier im Coaching waren und sich angehört haben, was unsere Peer-Arbeit ausmacht und wie man Genesungsbegleiter:in wird. Manchen sind wir wiederbegegnet, weil sie für sich den Weg gewählt haben, den auch wir vor vielen Jahren eingeschlagen haben, und nun selber als Expert:innen aus Erfahrung arbeiten.

Und dann gab es da noch eine ganz bemerkenswerte Frau, die mit vielen Ängsten zur Peer-Beratung kam und die hier begleitet wurde, und es ist eine Ehre und ein Privileg, dabei sein zu dürfen, wenn Menschen, einen kleinen Schritt nach dem anderen, anfangen, über sich hinauszuwachsen. Ich haben diese Frau eines Tages zu einer Begegnungsstätte begleitet, weil die Angst so groß war und es alleine nicht möglich, und das war so eine Art Durchbruch. Das wurde einfach eine total schöne Erfahrung. Für uns beide. Danach sind die Ängste immer kleiner geworden und die Lust auf Neues immer größer. Und eines Tages sagte sie: „Danke für alles, das habe ich gebraucht, aber jetzt brauche ich es nicht mehr.“ Das war wundervoll und der Grund, wieso ich das tue, was ich tue.

 

 

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